
Die künstlerische Freiheit zu leben, sehen viele kreative Köpfe als ihre Erfüllung im Leben. Ziel ist es, Ihre Leidenschaft mit Ihrem Arbeitsleben zu verbinden. Also entscheiden sie sich für eine Karriere als Künstler, entweder durch einen Quereinstieg oder durch eine Bewerbung an einer Kunsthochschule.
“Was hast du mit deinem Studium vor?”
Doch die Möglichkeiten nach dem Studium sind begrenzt und von finanziellen Unsicherheiten geprägt. Nur wenige Menschen bauen sich in diesem Berufsfeld über einen langen Zeitraum ein sicheres Einkommen auf. In vielen Fällen müssen die anderen sehen, wie sie über die Runden kommen.
“Was machst du dann mit deinem Studium?” Aufstrebende junge Künstler hören diese Frage wahrscheinlich oft in ihrem Leben. Auch Pauline Gosselin blieb nicht verschont. Er ist 30 Jahre alt, kommt aus der Stadt der Fans und hat letztes Jahr seinen Master an der Akademie der Künste in Karlsruhe erfolgreich abgeschlossen.
Du hast dein Studium beendet, was ist jetzt dein Plan?
Meine Anmeldung endet im Frühjahr. In der Zwischenzeit möchte ich so schnell wie möglich Lager- und Atelierräume finden, mich bei Sammlern umhören, aber auch weiterhin in Museen gehen und mich dort und in der Bibliothek über die neueste Kunst informieren. Du solltest nicht einschlafen, nur weil du mit dem Lernen fertig bist.
Als nächsten Schritt werde ich auch viele Ausstellungen planen; bereits sieben sind für die nächsten sechs Monate geplant.
Besonders wichtig ist aber zu erwähnen, dass ich die letzten acht Jahre fast ununterbrochen gearbeitet habe. Nach den Ausstellungen mache ich ein halbes Jahr Pause. Aber es ist auf jeden Fall ein aufregendes Schuhgefühl, das College zu verlassen!
Wie sind Sie an die Kunsthochschule gekommen?
Von Anfang an war allen klar, dass ich eines Tages etwas mit Kunst machen werde. Ich habe das schon seit ich denken kann. Ich habe mich alleine an der Kunstakademie beworben, obwohl ich nur Abitur machen konnte.
In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, einen Geschicklichkeitstest zu absolvieren. Daher sollte sein Schulabschluss niemanden abschrecken, der mit dem Gedanken spielt, sich zu bewerben.

Sommerausstellung der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste bis 12. Juli 2015 | Foto: Bernadette
Was hast du aus deinem Kunststudium mitgenommen, was hat dir am besten gefallen?
Ich glaube, ich habe alles mitgenommen, was ich konnte. Ich habe mir alles angeschaut, in den letzten Jahren auf jeden Fall viele Kontakte geknüpft, mein Wissen erweitert und genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, meinen Stil zu finden, weiterzuentwickeln und zu festigen. Inzwischen habe ich auch gelernt, dass ich nirgendwo hin will, was ich auch wichtig finde, das vorher anzugeben, damit man seiner Arbeit nachgehen kann.
Und hat Ihnen etwas nicht gefallen?
Ich hoffe, dass es in Zukunft mehr um die Vertrauenslehre und die psychologische Betreuung von Studierenden geht.
In der Akademie kommen so viele starke Charaktere an einem Ort zusammen, dass man sich mehr darauf konzentrieren kann, Menschen persönlich an der Hand zu halten und sie zumindest durch einen sehr freien Parcours zu führen.
Ich finde, es gibt zu wenig bürokratische Informationen über die Zeit nach dem Studium, Finanzierung und so weiter. Selbstdisziplin muss schon in jungen Jahren erworben und erlernt werden.

Archivfoto der Akademie der Künste 2015 Foto: Bernadette
Was willst du mit deiner Kunst erreichen?
Was ich erschaffe, muss Menschen berühren und klare Botschaften senden. In diesem Zusammenhang möchte ich auf Tabus und gesellschaftliche Beschwerden aufmerksam machen. Ich male irgendwie einen neonorangen Kreis um sie herum und schaue dorthin, wo sonst niemand hinschaut. Wichtig ist mir auch, das Wertesystem in der Gesellschaft aufzulockern bzw. zu neutralisieren und die moralische Dimension wieder zu öffnen.
Was macht diesen Beruf Ihrer Meinung nach so schwierig?
Ich muss sagen, neben den fehlenden Einstiegsmöglichkeiten und der großen Konkurrenz habe ich das Gefühl, dass ich es als Frau als lesende Person allein aufgrund meines Geschlechts noch schwerer habe. Mein Eindruck ist, dass Männer, wie in vielen anderen Branchen auch, klar dominieren.
Ich habe oft erlebt, dass Galeristen sie häufiger zu Ausstellungen einladen als Frauen. Ich finde das nicht fair.

Pauline streicht eine Wand
Aber nicht nur das, auch der soziale Status spielt eine große Rolle bei den Chancen, die man bekommt. Ich sehe mich als Teil einer Subkultur, die natürlich mehr Hindernisse hat als diejenigen, die bereits Geld haben.
Was man auch sagen sollte – ich bin ein sehr fremder Mensch und meine Kunst auch. Ich denke, das gibt mir einen glücklichen Vorteil gegenüber Introvertierten.
Was ist der beste Weg für einen Künstler, Verbindungen herzustellen?
Im Zeitalter der sozialen Medien, in denen Inhalte schnell viral werden können, fällt das Hochladen und Teilen Ihrer Kunst leicht auf.
Interessant finde ich auch eine gute und gezielte Vernetzung auf Instagram und anderen Kanälen. Galeristen oder ähnliches sollte man jedoch niemals gezielt anschreiben.
Du kannst in der Kunst entdeckt werden, wenn du ihnen eine passende Plattform bietest, kommen sie auf dich zu. Die Akademie der Künste hat so etwas zum Beispiel mit ihren Sommer- und Winterausstellungen zum Semesterende auch außerhalb des Digitalen möglich gemacht.
Was fällt Ihnen noch ein, welche Fehler können Sie machen?
Ich persönlich bin auf verbale Unterstützung von Menschen im nicht-künstlerischen Umfeld angewiesen. Es ist mir sehr wichtig, nicht von der Strecke abzukommen und kein Höhenflug zu sein. So bleibe ich bei mir selbst. Meine eigene Regel lautet: Menschen zu erziehen, die es wert sind, erhalten zu werden, das heißt, mit Menschen, die mir nahe stehen und vertrauenswürdig erscheinen, tiefer über meine Kunst zu sprechen.
Außerdem kann ich nur empfehlen, nicht nur lokal zu agieren. Langfristig werde ich über Karlsruhe hinausblicken und irgendwann in andere Städte und am liebsten international ausweichen. Ein weiterer Tipp ist, auf dem Laufenden zu bleiben und sich weiterhin um Stipendien oder Finanzspritzen zu bewerben.
Zum Thema „Finanzspritzen“: Was tut die Stadt Karlsruhe für Künstler bzw. wie bekommt man öffentliche Unterstützung?
Ich habe in Karlsruhe viele Eigeninitiativen ergriffen und versucht, mich einzubringen. Das Kulturreferat kennt mich gut, ich bin mit vielen Medien in Kontakt. Die Eigentümer und Manager der Galerie haben mich gefragt.
Es gibt eine Künstlerversicherung, das ist wie eine Krankenkasse für selbstständige Künstler. Sie zahlen ihnen einen einkommensabhängigen Betrag für die Sozialversicherung. Darüber hinaus bieten das Land, das Kulturamt und Privatpersonen eine Vielfalt an AIDS
Außerdem schreibt die Stadt häufig Förderpreise aus. Ich kann mir eine Künstlermesse immer noch als eine gute Möglichkeit vorstellen, jungen Künstlern mit einer Ausstellung ihrer Arbeiten in einem Museum die Türen zu öffnen.
Haben Sie selbst Angst vor der Zukunft? Welche Denkweise braucht man für diese Arbeit?
Natürlich ist Angst nur menschlich, ich möchte als kleine Kellnerin, die ich jetzt bin, nicht am Rande meiner künstlerischen Arbeit stehen bleiben. Aber als Künstler habe ich, wenn es nach mir geht, besser keine Angst, dass es nicht klappt. Man muss es mit der Einstellung angehen, dass es nicht schief gehen kann, wenn man aufpasst.
Man muss massiv von sich und seiner Kunst überzeugt sein, und ein bisschen Größenwahn schadet sowieso nicht. Neben dieser gesunden Portion Selbstvertrauen müssen Sie auch realistisch bleiben und immer ehrgeizig sein. Nichts kommt von alleine – man muss viel dafür tun.
Wie sehen Sie die Zukunft des Kunstbetriebs?
Kunst hatte für mich immer zwei Teile: Dekoration und Ausdruckskunst. Diese beiden sind zunehmend gespalten, wobei die Menschen gerade in der Kunst der Kommunikation wegschauen. Ich würde gerne versuchen, es an anderer Stelle zusammenzufassen, aber ich habe das Gefühl, dass es leider nur sehr wenige Künstler gibt, die so denken wie ich.
Trotzdem möchte ich zum Schluss sagen, dass man als Künstler immer bis zum Äußersten geht. Hier ist meine grobe, aber wahre Rechnung: 92 Prozent werden scheitern, 7 Prozent werden erfolgreich sein und das letzte verbleibende Prozent wird berühmt werden.
Ausstellung “Notbenzin”.
Am kommenden Mittwoch, 18. Januar, findet von 19:00 bis 22:00 Uhr die Vernissage der von Pauline Gosselin organisierten Ausstellung “Quickgasoline” mit dem Künstler Markus Quicker statt. Die Veranstaltung kann eine Woche lang bis zum 25. Januar im Haus des Anstoss eV in der Fritz-Erler-Straße 7 am Kronenplatz besucht werden.