Nach der Razzia: Reichsbürger weiter aktiv


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Stand: 20.12.2022 20:54

Auch nachdem Reichsburgers Set gestürmt war, jubelten die Schauspieler weiter. Anschließend fand der Vortrag in Heilbronn statt Mainzer Bericht– Ermittlungen gegen Querdenker, bekennenden Fremdenhasser und verurteilten Brandstifter.

Von Judith Brüssel, Walter Faber und David Milander. SWR

Das Grundgesetz gilt nicht mehr, die Deutschen sind staatenlos und quasi illegal: „Wir leben in einem Rechtsvakuum“, brachte der Abendstar die deutsche Rechtslage aus seiner Sicht auf den Punkt und erntete Beifall von seinen Gästen. Im Nebenraum eines großen Landgasthofes machten sie es sich bei Schnitzel und Salat gemütlich und lauschten einem der hartnäckigsten Geflüster der Bürgerreich-Szene: Mats Haug, der sich auf seiner Website als „Bundespräsident“ bezeichnet, stellt sich vor Montage”.

Bei der Veranstaltung sprach Haag offen über die Hausdurchsuchung am 7. Dezember als Teil eines landesweiten Vorgehens gegen den Terrorismus, berichtet ein Informant. Im Gespräch mit Mainzer Bericht Er bestritt jegliche Verbindung mit der mutmaßlichen Terrorzelle. „Ich bin total geschockt. Im Grunde bin ich Pazifist. Und die suchen nach Waffen oder so?“

Haug wurde nicht gefangen genommen – anders als der mutmaßliche Rädelsführer Heinrich XIII., Fürst von Reuss. Hogg sagte an diesem Abend, dass er ihn gut kenne, da er ihn regelmäßig treffe. Es ist eine wahre Freude, mit ihm zu sprechen, er ist sehr eloquent. Den Haag begründete offenbar den Anspruch des Prinzen auf den deutschen Kaiserthron: Immerhin gehörte er dem ältesten deutschen Adelsgeschlecht an, viel älter als Georg Friedrich von Hohenzollern. Ein weiterer Umstand macht Heinrich 13. Fürst Reuss zu einem geeigneten Kandidaten: Er hat genau wie Wladimir Putin “Romanow-Blut”.

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Rechtsextremes Netzwerk in Württemberg

Seit 2003 trägt Haag den erfundenen Titel „Sprecher der Nationalversammlung“. Aufgrund seiner Aussage wurde er von 120 Abgeordneten des Reichstags zum Vorsitzenden gewählt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Tübingen verkaufte er später gefälschte Pässe an ein “Deutsches Reich” und wurde mit einer Geldstrafe von 160 pro Tag belegt. Aber Hague hörte nicht auf, seine Ideologie dort zu präsentieren: Vor etwa drei Jahren schrieb er seine Kommentare unter dem Titel “Das Deutsche Reich von 1871 bis heute”.

Dementsprechend liegt die Macht auf Erden letztlich wohl nur in den Händen einer fünfköpfigen Familie und einer weiteren familienähnlichen Organisation: den Elders und den Shriners – gemeint sind offenbar die Freimaurer. “Das ist nicht nur unendliches Geld, das ist Geld auf Erden!” Nur durch die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches kann man sich den Fängen dieses Geheimbundes entziehen.

Herausgeber war Bernhard Grabert, Erbe eines etablierten Verlags für rechtsextreme Literatur in Tübingen. Das Buch ist Anfang 2020 im Amadeus-Verlag des ebenfalls in Württemberg ansässigen Rechtsesoterikers Jan Odo Holley erschienen. Seitdem ist Mats Haug auf Lesereise. Glaubt man den Ankündigungen auf seinem Telegram-Kanal, tritt er fast jede Woche in weiten Teilen Deutschlands vor ausgewähltem Publikum auf.

So auch im Nordosten Baden-Württembergs am vergangenen Freitag. 26 Männer und Frauen erschienen in dieser Nacht, hauptsächlich aus der Umgebung, basierend auf dem schwäbischen Dialekt. Für Hog-Verhältnisse war es eine relativ kleine Runde. So habe er im August in Cookstown mit 80 Fans gesprochen, berichtete die Nordsee-Zitung.

Das Antifaschistische Dokumentations- und Informationszentrum Baden-Württemberg berichtet über die 100 Teilnehmer des Haager Vortrags in Freudenstadt im vergangenen April. Haag hat auf seinem Telegram-Kanal bereits die Termine der Vorlesungen im nächsten Jahr bekannt gegeben. Jede dieser Nächte bringt Haag gutes Geld ein. An diesem Abend zahlten die Teilnehmer 30 Euro Eintritt. Viele kauften seine schmale 90-seitige Broschüre für 17 Euro. Als eine Frau im Publikum fragte, ob es wahr sei, dass er keine Steuern zahle, antwortete Hogg mit Ja.

„Friedensvertrag mit Russland“

Für das Eintrittsgeld machte Mats Haug dann Äußerungen, die sein Publikum offenbar von ihm erwartete, etwa zum rechtspopulistischen Dauerthema „Friedensverträge“, die es nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg nicht mehr gab. Prinz Reuss als rechtmäßiger Besitzer seines Fürstentums, also ein rechtmäßiger Fürst, könnte theoretisch einen Friedensvertrag mit Russland abschließen.

Wer geht zu solchen Veranstaltungen? Mainzer Bericht Auf der Teilnehmerliste stehen bekannte regionale Aktivisten aus der Anti-Impf-Szene und eine Frau, die seit 2015 zahlreiche Anti-Flüchtlings-Proteste anführt. Offenbar ist er mit einem anderen Teilnehmer gut bekannt, der 2017 wegen Brandstiftung in einem geplanten Flüchtlingswohnheim zu fast fünf Jahren Haft verurteilt wurde.

mit mehreren Teilnehmern Mainzer Bericht Manche amüsierten sich nach der Veranstaltung über den Anti-Terror-Anschlag, andere vermuteten eine Verschwörung oder sprachen von einem gezielten “Einschüchterungsversuch”. Sie alle waren sich einig, dass sie das System ablehnen und sich von Politikern und Medien belogen fühlen.

Demütigung der Demokratie und Radikalisierung

Im Gespräch mit Mainzer Bericht Johannes Case, Extremismusforscher an der Universität Leipzig, spricht über das Zusammenwachsen verschiedener Umweltströmungen, zum Beispiel Alt-Neonazis, Rechtsextremisten, Anti-Coronavirus oder Esoterik, zu denen nun auch Es wird kleiner. die vor der zerstreuten Kronendemokratie lebten, der Gruppen von Reichsbürgern begegneten. Ideologische Strömungen nutzten diese Situation, “um ihre Erzählungen Menschen aufzuzwingen, die nur nach einer Erzählung suchen, nach einer Geschichte, die zu ihrer früheren Verachtung für die Demokratie passt”.

Nun bestehe die Gefahr, dass „diese Gruppen dies als Chance begreifen“, sich nach fast drei Jahren Corona-Pandemie „handlungsfähig“ zu fühlen. Er fuhr fort: Wir werden in den nächsten ein, zwei Jahren auf jeden Fall mehr von diesen Gruppen sehen, weil diese Radikalisierung in diesen Gruppen so weit fortgeschritten ist und die Menschen tatsächlich gewaltbereit sind und handeln wollen, das heißt, sie wollen das tatsächlich Erzählung des Widerstands Ausüben.”

Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht ein erhöhtes Risiko in einer Mischszene, in der „Reichsbürgerideologien, Verschwörungsgeschichten aus dem Bereich der Delegitimierung und rechtsextreme Narrative zusammenfließen“. Das bei der Razzia am 7. Dezember aufgedeckte Netzwerk sei “ein Paradebeispiel für die Entstehung einer neuen gewalttätigen Mischszene”.

Auf Wunsch von Mainzer Bericht Diese Autorität erklärt, dass Verschwörungsmythen eine grundlegende Rolle spielen. Vor allem könne die Bekanntmachung eines bevorstehenden „X-Day“ „innerhalb solcher geheimen Gruppen erheblichen Handlungsdruck erzeugen und schließlich zu schweren Gewalttaten führen“.

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