
Stand: 27.01.2023 02:51 Uhr
Palästinensische und israelische Sicherheitskräfte tauschen seit den 1990er Jahren Informationen aus – auch um Anschläge zu verhindern. Als Reaktion auf einen tödlichen israelischen Überfall muss die Autonomiebehörde diese Zusammenarbeit nun beenden.
Die Palästinensische Autonomiebehörde hat angekündigt, dass sie ihre Koordinierungszusammenarbeit mit Israel in Sicherheitsfragen beenden wird. Als Grund für diese Entscheidung nannte die Palästinensische Autonomiebehörde einseitige Schritte und Maßnahmen Israels im Westjordanland und den Tod von mindestens neun Palästinensern in der Stadt Jenin. Laut palästinensischen Quellen wurden bei einer israelischen Militäroperation dort mindestens neun Menschen getötet und mehrere weitere verletzt. Auch ein 22-jähriger Mann wurde laut lokalen Quellen am Nachmittag nördlich von Jerusalem bei Zusammenstößen mit israelischen Soldaten erschossen.
Es war Israels einzigartigster Überfall auf das Westjordanland seit zwei Jahrzehnten. Nach Angaben der israelischen Armee handelte es sich um eine Anti-Terror-Operation, „um eine Terrorgruppe des Islamischen Dschihad festzunehmen“. Verteidigungsminister Yoav Gallant sagte, man plane einen Anschlag in Israel.
Das Blutvergießen lässt eine weitere Eskalation der ohnehin angespannten Sicherheitslage in Israel und den palästinensischen Gebieten befürchten. Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben am Freitagabend zwei Raketen aus dem Gazastreifen abgefangen. Als Reaktion darauf führte das israelische Militär Luftangriffe auf Ziele in der Palästinensischen Autonomiebehörde durch. Das Militär sagte, dass die Angriffe gegen militante Hamas-Schulen gerichtet waren. Augenzeugen und lokalen Medienberichten zufolge feuerten israelische Drohnen zwei Raketen auf einen Stützpunkt im Zentrum von Gaza ab.
Zusammenarbeit seit den 90er Jahren
Ähnliche Ankündigungen wie die jetzige hatte die Autonomiebehörde bereits bei früheren Gelegenheiten gemacht – tatsächlich umgesetzt wurden sie jedoch nicht. Zuletzt beendete der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas die Zusammenarbeit im Mai 2020 angesichts der israelischen Annexionspläne. Sie ging jedoch weiter hinter die Kulissen.
Die Zusammenarbeit zwischen palästinensischen und israelischen Sicherheitskräften geht auf Friedensverhandlungen in den 1990er Jahren zurück. Beide Seiten tauschen geheimdienstliche Informationen aus, um Terroranschläge zu verhindern oder größere Operationen in den nur von der Palästinensischen Autonomiebehörde kontrollierten Gebieten zu koordinieren. Es soll auch verhindert werden, dass sich militante Gruppen einen Vorteil in der Gegend verschaffen. Der nun angekündigte Abbruch der Kontakte lässt die Sorge aufkommen, dass Angriffe militanter Gruppen in Zukunft kaum mehr zu vermeiden sind.
Israel gewann auch das Westjordanland und Ostjerusalem im Sechstagekrieg von 1967. Seit 2014 ruhen die Verhandlungen über ein dauerhaftes Friedensabkommen.